stattgefunden \u2013 und das muss eigentlich jedem, der mit offenen Augen durch die Gegend l\u00e4uft, aufgefallen sein.<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Ja, schrecklich.<\/span><\/b><\/p>\nWirklich, wirklich, wirklich schrecklich. Dass von Dezember bis jetzt 13 Leute verstorben sind, diese Zahl habe ich zuerst angezweifelt. Das hat nichts mit Erfrieren zu tun. Ich finde es schrecklich genug, wenn man auf der Stra\u00dfe sterben muss. Die meisten Menschen sind zudem alleine gestorben. Das liegt einfach daran, dass der Akku bei den Menschen im Sommer schon leer war.\u202f<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nWenn die Wohnungslosen die Pl\u00e4tze in Sammelunterk\u00fcnften des Winternotprogramms nicht in Anspruch nehmen, sollte man das eigene Konzept zumindest mal \u00fcberpr\u00fcfen. Warum meiden sie diese Orte? Ein wesentlicher Grund ist meiner Meinung <\/span>nach das trostlose Bild<\/span>, wenn man jeden Abend dreihundert andere Menschen sieht, denen es zum Teil noch viel schlechter geht als einem selbst \u2013 dass man das ertragen muss. Ich stelle es mir pers\u00f6nlich ganz, ganz schrecklich vor, keine Wohnung zu haben, selbst zu sehen, wie ich \u00fcber die Runden komme und vielleicht noch einen Funken Hoffnung habe, irgendwann wieder eine Wohnung zu kriegen. Und dann muss ich da abends rein. Ich werde jeden Abend von Sicherheitspersonal gefilzt, jeden Abend die gleiche Prozedur. Das macht nicht gesund, das macht krank.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Welche Hilfsangebote haben sich w\u00e4hrend der Corona-Zeit noch in der Stadt entwickelt?<\/span><\/b>\u00a0<\/span><\/p>\nEs passiert gerade ganz viel im privaten Bereich: Das <\/span>Schr\u00f8dingers<\/span> in der Sternschanze hat eine kleine Zeltstadt aufgebaut. Der Elbschlosskeller hat beim ersten <\/span>Lockdown<\/span> eine Suppenk\u00fcche veranstaltet. Ich begr\u00fc\u00dfe das Engagement der privaten Initiativen. Aber es wird auch f\u00fcr die Fachleute immer schwieriger, mit den privaten Ehrenamtlichen Absprachen zu treffen, um eine gemeinsame Linie zu fahren. Ich habe den Eindruck, dass viele private Organisationen denken, dass wir nicht genug tun w\u00fcrden. <\/span>Hinz&Kunzt<\/span> schreit seit 26 Jahren: Wir m\u00fcssen uns ver\u00e4ndern, wir brauchen mehr Wohnraum f\u00fcr Wohnungslose. Es passiert aber nichts. Ich glaube, dass man Wohnungslosen in Zukunft sofort Unterk\u00fcnfte anbieten und sie so lange dort wohnen lassen sollte, bis sie eine Wohnung kriegen. Wir reden ja nicht von einer unfassbaren Menge an Menschen, die auf der Stra\u00dfe obdachlos sind, sondern von rund 2000. Und ich glaube, das ist eine Zahl, die man in den Griff bekommen kann.\u202f<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nDie Stadt k\u00f6nnte zum Beispiel versuchen, die Zahl der Wohnungslosen in f\u00fcnf Jahren zu halbieren. Wir nehmen momentan ganz viel billigend in Kauf. Mir fehlt ein Ansatz, der die Ergebnisse der gef\u00f6rderten Projekte untersucht, um ihre Wirksamkeit zu optimieren. Damit wir Projekte identifizieren und ausbauen k\u00f6nnen, die gut laufen.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nGro\u00dfst\u00e4dte praktizieren zum Beispiel <\/span>Housing<\/span> First und es scheint vielerorts erfolgreich zu sein. Warum wird das nicht in Hamburg eingesetzt? Wenn wir \u2013 auch in der Sozialarbeit \u2013 neue Wege gehen wollen, m\u00fcssen wir bereit dazu sein, unsere eigene Arbeit zu \u00fcberdenken. Dabei geht es mir nicht nur um Beh\u00f6rdenstrukturen. Wir brauchen auch Sozialarbeiter, die dazu bereit sind, sich ein St\u00fcck weit zu ver\u00e4ndern und andere Wege zu gehen.<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Was m\u00fcsste sich aus Deiner Sicht konkret ver\u00e4ndern?<\/span><\/b>\u00a0<\/span><\/p>\nWie sagt man immer so sch\u00f6n? Wir m\u00fcssen allen Menschen auf Augenh\u00f6he begegnen. Ich glaube, dass man dem mit einem Ansatz wie <\/span>Housing<\/span> First ziemlich <\/span>nahekommt.<\/span> Es ist aber nicht nur eine Frage der Wohnsituation. Wir haben hier bei <\/span>Hinz&Kunzt<\/span> den Vorteil, dass von 38 festangestellten Mitarbeitern ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte selbst ehemalige Obdachlose sind. <\/span>Und wenn wir hier bei einem Thema falsch reagieren, dann werden wir von denen ganz schnell eingenordet. Wir k\u00f6nnen uns die tollsten Ideen ausdenken \u2013 wenn unsere Kollegen das nicht mittragen, dann lassen wir das auch.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nAls wir die ersten Obdachlosen im Hotel untergebracht haben, habe ich erlebt, wie eine Hotelmanagerin mit unseren Leuten gesprochen hat \u2013 das hat mich sehr besch\u00e4ftigt. Sie sprach n\u00e4mlich nicht von Obdachlosen, sondern von G\u00e4sten. Und das macht etwas mit den Leuten. Die Frau sorgte telefonisch daf\u00fcr, dass ein fehlendes Handtuch im Zimmer ersetzt wurde. Der Wohnungslose stand daneben und h\u00f6rte das Gespr\u00e4ch mit. Ich habe an seinen Augen gesehen, dass sich in dem Moment wirklich etwas ver\u00e4ndert hat.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nUnd genauso ist es mit <\/span>Housing<\/span> First: Wohnungslose bekommen bedingungslos eine Wohnung. Wenn sie dann Hilfe brauchen, stehen wir bereit. Im Augenblick l\u00e4uft es aber genau andersrum. Die Wohnungslosen bekommen eine Wohnung, wenn sie bestimmte Kriterien erf\u00fcllen: Sie m\u00fcssen ihre Schulden regulieren, \u00c4rzte aufsuchen und ihre Z\u00e4hne sanieren lassen. Sie m\u00fcssen sich in einer vor\u00fcbergehenden Wohnung gut verhalten, dann bekommen sie irgendwann den Mietvertrag auf ihren Namen. Dadurch werden sie klein gemacht. Dieses Verhalten \u2013 das ist nicht gesund.<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Neben dem Abbau von H\u00fcrden \u2013 was muss noch passieren?<\/span><\/b>\u00a0<\/span><\/p>\nWir m\u00fcssen Wohnungslosen mehr M\u00f6glichkeiten geben. Vor ein paar Jahren habe ich ein kleines Projekt in M\u00fcnchen besucht. Da gab es einen Raum mit zehn Kochstellen. Deren Ansatz war: Wir kochen nicht f\u00fcr die Wohnungslosen \u2013 das sollen sie selbst machen. Sie bekommen Geld zum Einkaufen, Kochgeschirr und dann k\u00f6nnen sie sich selbst an den Herd stellen. Das hat mich sehr beeindruckt. Man darf nicht vergessen, das Wohnungslose wenig Wahlm\u00f6glichkeiten haben. Es wird nie dein Lieblingsgericht gekocht. Du hast kein Mitspracherecht dabei, was auf den Tisch kommt. Du darfst nie sagen: \u201cDas schmeckt aber schlecht\u201d. Wenn du das sagst kriegst du die Antwort: \u201cWenn es dir nicht schmeckt, dann geh doch woanders hin\u201d.<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Was kann jeder von uns tun, um sich f\u00fcr mehr soziale Gerechtigkeit einzusetzen?<\/span><\/b><\/p>\nErst einmal zur Kenntnis nehmen, dass es Obdachlosigkeit gibt. Nicht zu glauben, dass alle Bettler, die aus Rum\u00e4nien oder Bulgarien kommen, bandenm\u00e4\u00dfig organisiert sind. Zu versuchen, sich vielseitige Informationen zu beschaffen. Man kann nat\u00fcrlich nicht jedem etwas ins T\u00f6pfchen schmei\u00dfen.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nMan kann aber dem Bettler, der regelm\u00e4\u00dfig vor einem Einkaufsladen sitzt und das als seinen Job betrachtet, einfach mal gr\u00fc\u00dfen. Denn das Gr\u00fc\u00dfen ist ja auch ein Wahrnehmen der Person. Die Menschen, die regelm\u00e4\u00dfig an der gleichen Stelle stehen haben dann das Gef\u00fchl, wieder ein St\u00fcck dazuzugeh\u00f6ren. Und wenn man den Anblick gar nicht mehr ertragen kann, hat man auch die Pflicht gegen diese Missst\u00e4nde anzugehen. Man kann sich engagieren, man kann sich bei der Beh\u00f6rde beschweren. Ich habe \u00fcberhaupt nichts gegen Ehrenamtlichkeit. Schwierig wird es f\u00fcr mich, wenn man glaubt, dass die Sozialarbeiter versagt haben und man deshalb sein eigenes Ding macht. Das sollte immer gemeinsam mit Menschen passieren, die das professionell machen. Es geht darum, dieses Wissen und die Erfahrung miteinander zu teilen.\u202f<\/span><\/p>\n\u00a0<\/span><\/p>\nSind Homeoffice und Stadtflucht eine Chance, das Thema Unterbringung von Obdachlosen nochmal ganz anders anzugehen, weil in den St\u00e4dten mehr freie R\u00e4ume entstehen?\u202f<\/span><\/b><\/p>\nJa, ich hoffe es. Die Handelskammer hat sich schon beim ersten <\/span>Lockdown<\/span> damit auseinandergesetzt, dass es eine starke Ver\u00e4nderung im Innenstadtbereich geben muss. Da waren ganz konservative Leute dabei, Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer von Einkaufsh\u00e4usern, die gesagt haben: \u201cWir m\u00fcssen uns mit jungen Leuten zusammensetzen. Wir k\u00f6nnen nicht immer nur sagen, dass diese Ideen der jungen Leute v\u00f6llig verkehrt sind, wir m\u00fcssen uns f\u00fcr ganz neue Ideen \u00f6ffnen\u201d. Dazu geh\u00f6rt auch die Umwandlung von B\u00fcrofl\u00e4chen in Wohnraum im innerst\u00e4dtischen Bereich. Das wird aus meiner Sicht auf die Immobilienbesitzer zukommen.<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Welche F\u00e4higkeiten brauchen St\u00e4dte, Beh\u00f6rden und Institutionen in Zukunft?<\/span><\/b><\/p>\nBeh\u00f6rden oder St\u00e4dte haben in der Regel die entsprechenden Ressourcen, um schnellstens eine Ver\u00e4nderung hervorzurufen. Aber dazu geh\u00f6rt auch, den Mut zu haben, wirklich eine Ver\u00e4nderung durchzuziehen. Privatpersonen kriegen so etwas immer nur im Kleinen hin. Vielleicht sollte man auch dar\u00fcber nachdenken, den B\u00fcrgern ein gewisses Spielgeld zur Verf\u00fcgung zu stellen, wenn die Beh\u00f6rden sich nicht trauen, etwas selbst in die Hand zu nehmen.\u202f<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nIch w\u00fcrde gerne sehen, dass auch im sozialen Bereich Experimente durchgef\u00fchrt werden. Und wenn es nicht klappt, sollte man auch den Mut haben, ein Projekt wieder einzustampfen. Manchmal habe ich bei Projekten den Eindruck, dass sie auf immer und ewig bestehen sollen. Besser w\u00e4re es, in kleineren Zeitr\u00e4umen zu denken und dann eine Auswertung zu machen. Ich glaube, dass damit auch ein neuer Schwung und neue Ideen kommen.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\nBei <\/span>Hinz&Kunzt<\/span> haben wir mal f\u00fcr vier Jahre einen Schrebergarten gehabt. Drei Jahre ist es gut gelaufen: Da gab es eine Gruppe, die Gem\u00fcse angepflanzt hat. Im vierten Jahr hat sich keiner mehr darum gek\u00fcmmert. Da haben wir das Projekt wieder gestoppt. Dieser Anspruch, Neues auszuprobieren ist ganz wichtig. Oder das Flughafenprojekt: Spende dein Pfand. Das war ein Versuch, dort etwas zu bewegen. Wir haben f\u00fcr Menschen, die direkt von der Stra\u00dfe kamen, vier Arbeitspl\u00e4tze geschaffen. Sie tragen daf\u00fcr Sorge, dass am Flughafen eine M\u00fcllreduzierung stattfindet.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Vielen Dank!<\/span><\/b>\u00a0<\/span><\/p>\n <\/p>\n
Bildquelle<\/span>: \u00a9 Andreas <\/span>Hornoff<\/span>\u00a0<\/span><\/p>","protected":false},"featured_media":3573,"template":"","categories":[45],"tags":[],"class_list":["post-3572","nnc-playbook-posts","type-nnc-playbook-posts","status-publish","has-post-thumbnail","hentry","category-perspektiven"],"acf":[],"yoast_head":"\nPost Corona City Playbook \u2013 Interview mit Stephan Karrenbauer | Urban Change Academy<\/title>\n \n \n \n \n \n \n \n \n \n \n\t \n\t \n\t \n \n \n \n\t \n