Impuls
Gemeinwohlorientierung stärken

Wie stark eine Gemeinschaft ist hat großen Einfluss darauf, wie erfolgreich sie Krisen bewältigen kann. Die Corona-Pandemie führt uns vor Augen, wie wichtig es ist, uns gegenseitig zu helfen – sei es die ältere Nachbarin beim Einkaufen zu unterstützen, eine gemeinsame Lieferplattform für den lokalen Einzelhandel auf die Beine zu stellen oder Smartphone-Schulungen für Senior*innen anzubieten. 
Eine gemeinwohlorientierte Stadt ist für alle da. Städtische Akteur*innen sollten sich daher die Frage stellen: Wie können wir die Teilhabe aller Menschen in einer Stadt fördern? 

Best Cases

Zitate aus den Interviews

„Es braucht eine sehr viel stärkere zivilgesellschaftliche Bereitschaft mitzuwirken. Das wünsche ich mir, dass wir das wiederentdecken. Kommunitaristische, zivilgesellschaftliche, soziale Prozesse zu Problemlösungen sind immer dann gut, wenn sie lokal oder regional gebunden sind. Weil sie eben mit Fühlungsnähe und sozialer Nähe zu tun haben. Dafür ist die Kommune einfach der richtige Ort.“

„Wir müssen auf ältere Menschen nicht nur Rücksicht nehmen, sondern sie besser in das Stadtleben inkludieren. Wir müssen Städte altersfreundlicher machen.“

„Wir beschäftigen uns intensiv mit der Frage, was die Corona-Pandemie für alle Bereiche des Lebens bedeutet – lokal wie global. Es zeigt sich, dass die Auswirkungen für privilegierte Menschen lange nicht so gravierend sind, wie für Menschen, die weniger privilegiert sind.“

„I think it‘s super important that we stop being egoistic, and that we‘re willing to give more than we want to get back. This also needs to be reflected in open-minded teamwork and a sharing attitude.“

„Ich befürchte durchaus, dass die (sozialen) Unterschiede größer werden könnten. Dem entgegenzuwirken, das ist mit Sicherheit auch eine Aufgabe für das Stadtmachen, für die Stadtgestaltung und natürlich für die Verkehrsplanung.“

„Ich denke, die wichtigsten Auswirkungen gibt es bei den Menschen im Dunkeln. Also an den sozialen Brüchen und Grenzen in der Stadt. Wir sehen nicht die Armut, insbesondere kaum die Kinderarmut – die findet hinter verschlossenen Türen statt. Wir sehen nicht die Probleme beim Tele-Learning der migrantischen Familien. Wir sehen nicht die Kurzarbeit, wir sehen die Menschen nicht, die ihren Job verloren haben.“

„Wir brauchen neue Finanzinstrumente und Finanzkonzepte, um Commons, Daseinsvorsorge und neue öffentliche Verkehrssysteme so zu finanzieren, dass die Vitalität und die Rentabilität der Städtestrukturen zukunftsfähig erhalten werden. Und nicht im Vorhinein sagen: Dieser Geldbetrag ist da, den können wir investieren und das war es dann. Damit untergraben wir die Zukunftsexistenz unserer Städte.“

„Genau dafür ist der Staat da, dass in Krisenzeiten Geld ausgegeben wird, um so eine schwierige Zeit zu überbrücken.“

„Wir müssen allen Menschen auf Augenhöhe begegnen.“

Materialien
Was du jetzt direkt machen kannst

Übung: Co-City Protocol

Das braucht Ihr: gute Leute mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen
Papier Stifte Stadtpläne weiteres Material je nachdem, wie Ihr den Co-Cities-Prozess gestaltet

Ein Co-City Protocol ist eine aus Italien stammende Methode, die Stadtmacher*innen dabei unterstützt, herauszufinden, welche Bedingungen notwendig sind, um aus einer Stadt eine sogenannte Co-City zu machen. Das Konzept der Co-City begreift die Stadt als eine Infrastruktur, die Teilen und Zusammenarbeit, partizipative Entscheidungsfindung und Peer-to-Peer-Produktion ermöglicht, unterstützt durch offene Daten und geleitet von Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit. Eine Co-City basiert auf der gemeinsamen, kollaborativen, polyzentrischen Verwaltung einer Vielzahl von städtischen Ressourcen wie Umwelt-, Kultur-, Wissens- und digitalen Gütern, die durch vertragliche oder institutionalisierte öffentlich-private Partnerschaften gemeinsam gesteuert werden – damit geht die Co-City über einzelne unverbundene urbane Commons hinaus.

Der Co-Cities-Prozess besteht aus sechs Phasen, die zusammen einen Kreislauf bilden:

Cheap Talking

Organisiert ein informelles Treffen mit Schlüsselpersonen in der Stadt (z.B. Praktiker*innen, Expert*innen, Wissenschaftler*innen), um bestehende oder potenzielle städtische Gemeingüter in einer bestimmten Nachbarschaft oder einem bestimmten Stadtteil zu identifizieren.

Mapping

Geht raus, betreibt Feldforschung und kartiert potenzielle urbane Commons, lokale Netzwerke und Akteur*innen – online und offline. Beobachtet, führt informelle Interviews oder macht eine Umfrage. Wenn Ihr die Stadtgemeinschaft noch stärker einbinden wollt, ist auch eine kollaborative, digitale Plattform denkbar.

Practicing

Nun wird experimentiert. Das Herzstück dieser Phase ist ein Kollaborationscamp, in dem Ihr gemeinsame Interessen auslotet und neue Formen der Zusammenarbeit erprobt. Mitmachen können unter anderem Stadtbewohner*innen, soziale Innovator*innen, wissensbasierte Institutionen, gemeinnützige Organisationen, kleine und mittlere Unternehmen sowie öffentliche Behörden. Auf das Camp kann ein Kollaborationstag folgen, um Ideen, in die Praxis umzusetzen, wie etwa ein Straßenfest oder ein Gemeinschaftsgarten.

Prototyping

Hier steht die Neugestaltung von Governance im Vordergrund, um selbstorganisierte und gemeinwohlorientierte Projekte zu fördern. Leitet aus den vorangegangenen Phasen die Merkmale und Bedürfnisse der Gemeinschaft ab, die bei der Mitgestaltung und Umsetzung von gemeinwohlorientierten Governance-Modellen berücksichtigt werden müssen.

Testing

Jetzt geht es an die Umsetzung. Hierbei könnt Ihr sowohl qualitative als auch quantitative Metriken anwenden, um zu beurteilen, ob die Umsetzung des Prototypen mit den Gestaltungsprinzipien und Zielen übereinstimmt. Denkt daran, die Evaluierungsmethoden an die lokalen Gegebenheiten anzupassen.

Modeling

In der letzten Phase schneidet Ihr das evaluierte Governance-Modell auf den rechtlichen und institutionellen Rahmen der Stadt zu. Tretet dafür in den Dialog mit Politik und Verwaltung und bezieht relevante Vorschriften und Verwaltungsakte ein.